Dass es das Interkulturelle Jugendwohnhaus heute gibt, ist einem schnellen Handeln der SozDia zu verdanken. 2015 sollte das Gebäude eigentlich als Studierendenwohnheim eröffnet werden. Doch die Situation an den Bahnhöfen in Budapest und anderswo machte klar: Es wird dringend ein Ort für unbegleitete minderjährige Geflüchtete gebraucht. Die Stiftung entschied kurzfristig um – aus dem geplanten Studierendenwohnheim wurde ein Zuhause auf Zeit. Heute leben hier 17 junge Menschen, die Schritt für Schritt lernen, sich in einer neuen Kultur zurechtzufinden.
Die Jugendlichen kommen aus unterschiedlichsten Ländern wie Afghanistan, Somalia oder Syrien. Einige bleiben nur wenige Monate, andere mehrere Jahre. Ihr Alltag ist klar strukturiert, aber nie starr: Schule, Termine, Hausaufgaben, Gespräche – und immer wieder die Küche als Herzstück des Hauses. In den abendlichen Kochgruppen lernen die Jugendlichen nicht nur, sich selbst zu versorgen, sondern sie hilft ihnen auch, in der neuen Gruppe anzukommen. „Wer neu einzieht, kocht mit. Wer länger da ist, hilft den anderen. So entstehen Bindungen und ein Gefühl von Gemeinschaft“, erzählt Oscar, der seit fast zehn Jahren im Interkulturellen Jugendwohnhaus arbeitet.
Weihnachten spielt für viele hier keine große Rolle, da die meisten Jugendlichen dem muslimischen Glauben angehören. Trotzdem werden sie mit einbezogen: Lichterketten hängen, Adventskränze stehen bereit, und die Betreuerinnen und Betreuer geben sich Mühe, die Zeit ein Stück besonders zu machen. „Auch wenn das Fest fremd ist, ist die Stimmung eine ganz besondere in der Zeit“, sagt Maike, sie ist die fachliche Koordinatorin im Interkulturellen Jugendwohnhaus. Am Heiligabend setzen sich die Jugendlichen zusammen, kochen gemeinsam – und bekommen kleine, persönliche Geschenke: nichts Großes, aber Zeichen, dass sie gesehen werden.
Ganz anders wird das Zuckerfest gefeiert: Dann füllt sich der Garten, wenn das Wetter mitspielt, es wird gegrillt, getanzt und gelacht. Ehemalige Bewohner kommen vorbei, Freunde werden eingeladen. Die Nächte sind kurz, die Küche oft bis spät in Betrieb. Für die Mitarbeitenden anstrengend, aber für die Jugendlichen bedeutet das Fest ein Stück Heimat.
